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Samstag, 19. Oktober 2024

»Wissenschaft der Logik« von Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Wissenschaft der Logik
Wissenschaft der Logik

Die »Phänomenologie« ist sein großer Wurf, der Kern seiner großen Theorie von der Selbstentfaltung des Geistes. Sie soll ihm endlich den ersehnten Durchbruch bringen. Und was er in den Oktober-Tagen des Jahres 1806 erlebt, scheint seine Theorie zu bestätigen.

Platon hat seine Bücher über den Staat siebenmal umgearbeitet. Hegel erinnerte daran im Vorwort der zweiten Auflage seiner »Wissenschaft der Logik« und fügte hinzu, daß ein moderner Autor mit tieferem Prinzip, schwererem Gegenstand und umfangreichen Material das Geschriebene 27 Mal umarbeiten müsse. Dazu fehle ihm allerdings die Zeit.

Die »Wissenschaft der Logik« ist ein zweibändiges Werk des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831), das zwischen 1812 und 1816 zuerst in Nürnberg erschien. Auf seiner »Phänomenologie des Geistes« aufbauend entwickelt das Werk eine ontologisch-metaphysische Logik, die an die antike Philosophie des »Logos« anknüpft.

Georg W. Hegel wollte in dem Buch die "Gedanken Gottes vor der Schöpfung" entwickeln. Hegels »Wissenschaft der Logik« ist aber eher ein fundamentales Werk über das Sein und das Nichts. Die »Wissenschaft der Logik« gehört zu den schwierigsten Texten der Philosophie überhaupt.

Kant glaubt in der »Kritik der reinen Vernunft« alles Wesentliche für ein System der Metaphysik - "die Vollendung aller Kultur der menschlichen Vernunft" - versammelt. Hegel will mit der »Wissenschaft der Logik« Kants transzendentale Logik vollenden, und seine politische Philosophie basiert auf ebendem "freien Willen, der den freien Willen will", den Kant als Grundlage herausgearbeitet hatte.

Kant hat den Prinzipien der Synthesis a priori und der Autonomie des Willens, auf denen auch Hegel fußt, nicht ausreichend materiale Geltung verschafft. Deshalb unternimmt Hegel in der "Wissenschaft der Logik" eine kritische Prüfung aller historisch relevanten Grundbegriffe der Philosophie wie der damaligen Fachwissenschaften. Und in der Rechtsphilosophie wie in der Geschichtsphilosophie untersucht er die Institutionen der Freiheit und ihr Werden.

Dieses Werk zählt zu den einflussreichsten philosophischen Schriften der Neuzeit, die unter anderem im Neomarxismus, der Frankfurter Schule, der philosophischen Hermeneutik und dem dialektischen Marxismus eine Rolle spielen.

Viele Philosophen setzten sich bis in die Gegenwart hinein intensiv mit ihren Inhalten auseinander, u.a. Søren Kierkegaard, Martin Heidegger. Bruno Liebrucks oder Dieter Henrich.

Das Werk erfreute sich breiter Resonanz in philosophischen Kreisen,stieß aber entweder auf totale Ablehnung wie bei Karl Popper oder es wird als Basis des Denkens zelebriert wie bei Marx und Bloch oder aber wird es sehr neugierig beschnuppert wie von Heidegger und Sartre.

Literatur:

Wissenschaft der Logik
Wissenschaft der Logik
von Georg Wilhelm Friedrich Hegel


Wissenschaft der Logik

Samstag, 14. September 2024

Hegel - Preußens Staatsphilosoph



Der preußische Staats- und Hofdenker stellte seine Philosophie in den Dienst des Staates. Die Philosophie Hegels wurde durch seine Geschichts- und Staatsehre zur Staatsraison erhoben. Glücklich das Land, dessen Begründung ausgerechnet ein Philosoph vornehmen kann.

Zu den erstaunlichen Leistungen Hegels gehört, daß aus seiner Lehre eine Philosophie erwuchs, die das absolutistische Preußen als theoretisches Fundament seines Staatswesens anerkannte. Und nicht nur Preußen ehrte Hegel als seinen Staatsphilosophen, auch aus anderen deutschsprachigen Ländern blickte man respektvoll nach Berlin, wo Hegel inzwischen lehrte und nicht nur Studenten, sondern auch die führenden Männer jener Zeit seine Vorlesungen hörten.

Zuvor hatte sich auch Kant schon einmal auf dem Wege zum Staatsphilosophen befunden, als theoretischer Begleiter der Ära Friedrichs des Großen. Doch dessen Nachfolger Friedrich Wilhelm II. sah durch Kants kritische Philosophie die Grundlagen des Christentums gefährdet und erwirkte, dass Kant zum heiklen Thema Religion fortan schwieg.

Gegenüber Kants Denkgebäude hatte Hegels Philosophie aus staatlicher Sicht den Vorzug, dass sie dem Christentum nicht im Wege stand, genauer: dem Protestantismus, auf den Preußen sich gründete und von dem es seine Moral herleitete. "Der Geist", so schrieb Hegel, "hat aber in der Religion vielmehr seine Befreiung und das Gefühl seiner göttlichen Freiheit; nur der freie Geist hat Religion, und kann Religion haben."


Der Weltgeist hat bei Hegel in der Tat etwas Göttliches. Und da der Weltgeist auf die "List der Vernunft" setzt, indem er eigennützige Individuen für seine übergeordneten Ziele arbeiten lässt, gelangt Hegel zu dem gewagten Schluss: "Was vernünftig ist, das ist wirklich, und was wirklich ist, das ist vernünftig." Das war eine Rechtfertigung nicht nur des preußischen Staates, sondern auch der Welt insgesamt.

Und jeder sah, dass diese Feststellung angesichts des Leids auf Erden nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmte. Allerdings wusste auch Hegel: "Die Weltgeschichte ist nicht der Boden des Glücks. Die Perioden des Glücks sind leere Blätter in ihr." Wieder so ein Satz, dem eher die Mächtigen zustimmen werden als diejenigen, die unter Krieg, Unterdrückung und anderen Zwängen unmittelbar zu leiden haben.

Deutschland hat in Kant, Fichte und Hegel beeindruckende, aber unpraktische liberale Denker hervorgebracht. Von ihnen führt kaum ein Weg ins alltägliche Handeln.
Weblink:

Hegel – Preußens Staatsphilosoph - www.rp-online.de


Samstag, 24. August 2024

Hegel und Schelling


Auch dem Genie Schelling blieb der „Spätzünder“ Hegel zugetan, bei allen philosophischen Differenzen, die sich ausgerechnet an Schellings Verständnis der Indifferenz entzündeten. Denn darum ging es, um nichts weniger als die Frage nach dem Absoluten in der Natur und in der Gestalt des Ich.

Während Schelling das Absolute als „ruhende Einheit der Gegensätze“ dachte, widersprach Hegel, nicht von Anfang an, aber doch schließlich heftig. Denn als der Denker der Dialektik, also der nicht aussetzenden Denkbewegungen, könne das Absolute nicht als toter Punkt begriffen werden. Was das Verhältnis von Natur und Ich umtreibe, sei die Ruhelosigkeit – und dieses Verhältnis lasse sich auch im Absoluten nicht stillstellen, absolut nicht.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel gehörte mit Kant und Schelling zu den wichtigsten Vertretern des deutschen Idealismus. Seine Werke zur Logik, Naturphilosophie und Philosophie des Geistes beeinflussten die Wissenschaften über die Grenzen der Philosophie hinaus und prägten über lange Zeit das Denken großer Philosophen wie Adorno und Feuerbach.

Drei junge Studenten der Philosophie und Theologie auf der Suche nach sich und nichts weniger als hehrer Wahrheit und absoluter Weisheit: Hegel, Hölderlin und Schelling 1790 im Tübinger Stift. Damenbesuch droht, die Jungmänner-Bude nach Kartenspielgelagen vollkommen desolat und die Speisekammer leer bis auf ein paar Krüge Gerstensaft.

Euphorisch, verliebt, enttäuscht, philosophierend, streitend, hoffend, verzweifelnd erleben wir das Trio bei seinem Sturz durch die Zeiten. Denn das Stück katapultiert die wohl berühmteste Philosophen-WG der Geschichte mit einer von Schelling gesteuerten phantastischen »machina tempora« in großen Sprüngen aus ihrem Zeitalter durch die Historie in unsere Gegenwart und sogar bis in die Zukunft.


Die Zeit in Gedanken fassen

„Was das Individuum betrifft, so ist ohnehin jeder ein Sohn seiner Zeit; so ist auch die
Philosophie ihre Zeit in Gedanken erfaßt.“


Was heute unwidersprochen vernünftig und fast ein bisschen banal klingt, bedeutete im ausgehenden 18. Jahrhundert eine revolutionäre Wende. Philosophie stand bis dahin für die Vita Contemplativa, für das Streben nach dem Ewigen und Wahren, das eine Abkehr von allem Weltlichen voraussetzte, von allem, was bloß Geschichte war.

Die Zeit als Reich kontingenter, unzulänglich menschlicher Begebenheiten war lange überhaupt nicht philosophiewürdig. Wenn es laut Hegel nun Aufgabe der Philosophie sein sollte, ihre Zeit in Gedanken zu erfassen, musste der Geist neuerdings selber in der Zeit und der Geschichte anwesend sein. Bei Hegel war der Geist in Bewegung geraten. Er war nicht mehr Aristoteles ́unbewegter Beweger als in sich ruhender Pol im Zentrum seiner Schöpfung.

Hegel denkt Geist als tätige Unruhe. Der Geist entäußert sich in die Epochen der Geschichte in fortschreitender Entwicklung. Er wandert durch alle Gestalten der Zeit und trifft dabei in immer höherer Bewusstseinsstufe überall zugleich auf sich selbst. Der Geist an sich ist zugleich der Geist der Zeit. Hegel schreibt in seinen »Vorlesungen zur Geschichte der Philosophie«:

„Die politische Geschichte, Staatsverfassungen, Kunst und Religion haben alle zusammen eine und dieselbe gemeinschaftliche Wurzel – den Geist der Zeit. Es aber aufzuzeigen, wie der Geist einer Zeit seine ganze Wirklichkeit und ihr Schicksal nach seinem Prinzipe ausprägt, wäre der Gegenstand der philosophischen Weltgeschichte überhaupt.“

Zeitgeist SWR2 Essay

Sonntag, 14. Juli 2024

Hegel Welt im Umbruch

Hegel hat in Zeiten großer Umbrüche gelebt. Als Jugendlicher verfolgte er begeistert die Französische Revolution. Die Philosophie seiner Tage war ebenfalls im Wandel begriffen, die Religion hatte ihre unhinterfragte Vormachtstellung verloren, das Verhältnis von Ich und Welt, Individuum und Gesellschaft wollte neu gedacht werden. Kein Wunder also, dass sein Anspruch an die Philosophie war, „ihre Zeit in Gedanken“ zu fassen. 


 Anders als oft angenommen, liefert Hegel dabei keine Prognosen, die uns erlauben zu sagen, wie wir von der Gegenwart in die Zukunft schreiten. Aber seine Hinwendung zu Momenten der Krise als Chance – um Neues zu schaffen und Ideale voranzutreiben – könnte heute, da die Zukunft zunehmend düster erscheint, als Inspiration dienen.

Samstag, 22. Juni 2024

Das Geschichtsbild Hegels

Georg Wilhelm Friedrich Hegel


Jedem Philosophen haftet explizit auch ein eigenes Geschichtsbild an. Anders als Immanuel Kant, der große Erkenntnistheoretiker, war Hegel in erster Linie Geschichtsphilosoph. Die Geschichte war für den Denker zwar vernünftig, aber sie war, wie es eben dem Verliebten vorkommt, von einer hinreißender und mitteilenden Vernunft. Sie galt ihm als der "bacciantisiche Taumel, an dem kein Glied mehr trunken ist".

Hegel sah die Weltgeschichte als Fortschritt im Bewußtsein der Freiheit. "Die Weltgeschichte ist der Fortschritt im Bewußtsein der Freiheit."

»Was die Erfahrung aber und die Geschichte lehren, ist dieses, daß Völker und Regierungen niemals etwas aus der Geschichte gelernt und nach Lehren, die aus derselben zu ziehen gewesen wären, gehandelt haben.«

Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 - 1831)

Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, 1837

Dass das Bewusstsein der Freiheit noch nicht deren Realisierung in der gesellschaftlich-politischen Wirklichkeit bedeutet, wusste Hegel selbst sehr gut.

Hegels Geschichtsphilosophie vertritt die These vom "Ende der Geschichte", in der die Geschichte welthistorisch zur Vernunft gekommen sei.


Hegel glaubte, dass mit seiner Philosophie eine Art geschichtlicher Endzustand heraufgezogen sei – das "Ende der Geschichte", wie es einige Denker nach Ende des Kalten Krieges im 20. Jahrhundert noch einmal ausriefen, wiederum zu Unrecht.

Geschichte mit Hegel als Freiheitsgeschichte zu denken, bedeutet also, die jeweilige politisch-gesellschaftliche Wirklichkeit kritisch vom egriff der Freiheit und den Realisierungsmöglichkeiten der Freiheit her zu denken.

Marx hielt dagegen, dass im preußischen Staat seiner Zeit das Ziel der Weltgeschichte noch nicht erreicht sei. Darin jedenfalls hat er recht behalten.

Weblinks:

Warum heute noch Hegel? - warumheutenochhegel.blogspot.de

Hegel-Biografie - Biografie-Portal

Hegel und das Absolute (K)

Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Nach Hegel müssen wir uns dem »Absoluten« einfach stellen, in den Strom des Bewusstseins eintauchen, in die verschiedenen Formen des Wissens – und sehen, wie weit wir dabei kommen. Erkenntnis ist eben kein Instrument, wie ein Spiegel, mit dem wir die Welt lediglich erfassen, sondern eine Tätigkeit, und die führt über Fehler und Missverständnisse – oder, wie Hegel sagt, über den »Weg der Verzweiflung«. Denn das »Absolute«, also die Realität, ist in ständigem Wandel, die Welt steckt voller Widersprüche.

Wahrheit bedeutet nicht einfach Übereinstimmung mit den Tatsachen. Unsere Begriffe gehören vielmehr selbst zur Welt. An das Absolute kommen wir heran, indem wir es begrifflich erfassen – und zugleich erkennen, dass es unsere Begriffe selbst sind, die die Welt bestimmen.

Nach Hegel kommt es also darauf an, »das Wahre nicht als Substanz, sondern ebenso sehr als Subjekt aufzufassen und auszudrücken«. Das ist sein zentraler, schwieriger Gedanke: Die Realität ist nicht einfach eine objektive Tatsache. Das Absolute und der Geist, also das Subjekt, sind ein und dasselbe. Doch diese Identität kann der Geist nicht schnell mal so erkennen. Um zu seiner Einheit zurückzukehren, muss er ein »Drama von Gegensatz und Versöhnung« durchlaufen, wie der kanadische Philosoph und Hegel-Interpret Charles Taylor schreibt.

Das Absolute ist wesentlich »Resultat«: Erst am Ende dieses Prozesses ist es das, was es in Wahrheit ist – nämlich Geist. In den Worten Hegels: »Das Wahre ist das Ganze. Das Ganze aber ist nur das durch seine Entwicklung sich vollendende Wesen.«

Aber ist die Welt nicht ganz anders beschaffen als der Geist? Und warum ist sie überhaupt so, wie sie ist? Hegels zentraler Gedankengang ist nun: Die Welt kann nur so sein, wie sie ist, weil sie ein Produkt des Geistes ist. Ihre Struktur folgt aus ihrer vernünftigen Notwendigkeit.

Diese Notwendigkeit ist allerdings weder eine rein kausale noch eine logische Notwendigkeit, die auf Wortbedeutungen basiert – wie etwa jene, dass Junggesellen unverheiratet sind. Gemeint ist vielmehr eine „teleologische« Notwendigkeit – eine Notwendigkeit, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Auch im Leben denken wir oft, dass wir bestimmte Erfahrungen machen »mussten«, um uns weiterzuentwickeln. Das bedeutet nicht, dass wir diese Erfahrungen notwendiger weise machen mussten. Es hätte ja auch anders kommen können. Aber hätten wir diese Erfahrungen nicht gemacht, hätten wir uns anders entwickelt. Insofern war es »notwendig«, dass wir sie gemacht haben.

Weblink:

Rittmeister des Geistes -

Samstag, 15. Juni 2024

Hegels Leben (E)


Nach dem Studium ging der junge Philosoph zunächst als Hofmeister nach Bern und nach Frankfurt am Main. Die akademische Laufbahn begann mit einer Privatdozentur in Jena, wo Hegel eng mit dem einstigen Tübinger Kommilitonen Schelling zusammenarbeitete. Erst nach zwei Stationen in Franken ereilte ihn der Ruf nach Heidelberg. 1818 schließlich wurde Hegel Nachfolger auf dem Lehrstuhl von Johann Gottlieb Fichte im königlich-preußischen "Mittelpunkt" Berlin, wo er zum herausragenden Philosophen des Zeitalters aufstieg.

Hegel war als Hauslehrer in Bern todunglücklich und wurde depressiv. Als Magister in Frankfurt war es ihm leidlich wohl, materiell und ideell, an der Seite seines Freundes Hölderlin. Hegel pflegte seine Freundschaften aus Studientagen, mit Hölderlin und Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, dem Wunderknaben, hauste er in Tübingen in einer Studentenbude – eine beispiellose Versammlung, sogar gemessen an dieser Ära der Dichter und Denker. Die Freundschaft zu Hölderlin, die noch in der Umnachtung des Dichters aufflackerte, geriet dem Denker aus dem Blick.

Humboldt-Universität

Hegel wurde Professor für Logik und Metaphysik an der noch jungen Universität in Berlin. Nachdem Hegel seine Stelle an der Universität angetreten hatte, hing an seiner Tür gelegentlich ein Zettel: "Die Vorlesung muss heute ausfallen, da der Herr Professor mit dem Nachdenken nicht fertig geworden ist."

In Berlin, in dem die Universitätsgründung erst zehn Jahre zurück lag, kam er von 1818 an zunächst nur stockend voran, was auch an seinem Vortragsstil lag, der so umständlich war, daß ihm Goethe Jahre zuvor auf einen Rat Schillers hin einen Rhetoriklehrer empfahl. Der Erfolg stellte sich langsam ein, seine Popularität wuchs, unüberhörbar am „Hegel-Slang“.

Literatur:


»Hegel: Der Weltphilosoph« von Sebastian Ostritsch



Hegel: Der Philosoph der Freiheit
von Klaus Vieweg



Hegels absoluter Geist

Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Hegel war ein Philosoph des Geistes und der bedeutendste Vertreter des deutschen Idealismus. Viele halten den deutschen Idealismus und allen voran Hegel für den Gipfelpunkt der Philosophie. Die Bewunderung für Hegel entstammt nicht nur der aus heutiger Sicht geradezu abenteuerlich erscheinenden Vorstellung, wahre Philosophie müsse einem Systemanspruch gerecht werden, also einen umfassenden Welterklärungscharakter besitzen, sondern auch der Überzeugung, Philosophie solle in einem christlichen Sinne religiös sein.





Hegel vertritt eine idealistische Lehre vom in dialektischen Entwicklungschritten zu sich selbst kommenden absoluten Geist. Hegels Lehre wurde von Schopenhauer aufs hetigste angegriffen. 1820 begann Schopenhauer an der noch jungen Berliner Universität zu lehren, wo der Philosoph Hegel bereits eine etablierte Größe war. Dabei kam es zu dem berühmten Streit mit den berühmten Philosophen Hegel.

Nach Hegel müssen wir uns dem »Absoluten« einfach stellen, in den Strom des Bewusstseins eintauchen, in die verschiedenen Formen des Wissens – und sehen, wie weit wir dabei kommen. Erkenntnis ist eben kein Instrument, wie ein Spiegel, mit dem wir die Welt lediglich erfassen, sondern eine Tätigkeit, und die führt über Fehler und Missverständnisse – oder, wie Hegel sagt, über den »Weg der Verzweiflung«. Denn das »Absolute«, also die Realität, ist in ständigem Wandel, die Welt steckt voller Widersprüche.

Wahrheit bedeutet nicht einfach Übereinstimmung mit den Tatsachen. Unsere Begriffe gehören vielmehr selbst zur Welt. An das Absolute kommen wir heran, indem wir es begrifflich erfassen – und zugleich erkennen, dass es unsere Begriffe selbst sind, die die Welt bestimmen.

Nach Hegel kommt es also darauf an, »das Wahre nicht als Substanz, sondern ebenso sehr als Subjekt aufzufassen und auszudrücken«. Das ist sein zentraler, schwieriger Gedanke: Die Realität ist nicht einfach eine objektive Tatsache. Das Absolute und der Geist, also das Subjekt, sind ein und dasselbe. Doch diese Identität kann der Geist nicht schnell mal so erkennen. Um zu seiner Einheit zurückzukehren, muss er ein »Drama von Gegensatz und Versöhnung« durchlaufen, wie der kanadische Philosoph und Hegel-Interpret Charles Taylor schreibt.

Das Absolute ist wesentlich »Resultat«: Erst am Ende dieses Prozesses ist es das, was es in Wahrheit ist – nämlich Geist. In den Worten Hegels: »Das Wahre ist das Ganze. Das Ganze aber ist nur das durch seine Entwicklung sich vollendende Wesen.«

Aber ist die Welt nicht ganz anders beschaffen als der Geist? Und warum ist sie überhaupt so, wie sie ist? Hegels zentraler Gedankengang ist nun: Die Welt kann nur so sein, wie sie ist, weil sie ein Produkt des Geistes ist. Ihre Struktur folgt aus ihrer vernünftigen Notwendigkeit.

Diese Notwendigkeit ist allerdings weder eine rein kausale noch eine logische Notwendigkeit, die auf Wortbedeutungen basiert – wie etwa jene, dass Junggesellen unverheiratet sind. Gemeint ist vielmehr eine „teleologische« Notwendigkeit – eine Notwendigkeit, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Auch im Leben denken wir oft, dass wir bestimmte Erfahrungen machen »mussten«, um uns weiterzuentwickeln. Das bedeutet nicht, dass wir diese Erfahrungen notwendiger weise machen mussten. Es hätte ja auch anders kommen können. Aber hätten wir diese Erfahrungen nicht gemacht, hätten wir uns anders entwickelt. Insofern war es »notwendig«, dass wir sie gemacht haben.

Weblink:

Rittmeister des Geistes - www.hoheluft-magazin.de

Samstag, 16. März 2024

Das hegelsche System (K)

Hegel war ein Philosoph des Geistes und der bedeutendste Vertreter des deutschen Idealismus. Viele halten den deutschen Idealismus und allen voran Hegel für den Gipfelpunkt der Philosophie. Die Bewunderung für Hegel entstammt nicht nur der aus heutiger Sicht geradezu abenteuerlich erscheinenden Vorstellung, wahre Philosophie müsse einem Systemanspruch gerecht werden, also einen umfassenden Welterklärungscharakter besitzen, sondern auch der Überzeugung, Philosophie solle in einem christlichen Sinne religiös sein.


Grundlegung der Philosophie

In der Phänomenologie des Geistes, dem ersten typischen Werk des reifen Hegel, formuliert Hegel als Voraussetzung für alles wahrhafte Philosophieren den „wissenschaftlichen Standpunkt“ zu gewinnen. Er bezeichnet diesen auch als das „absolute Wissen“. Um diesen zu erreichen, muss ein Weg gegangen werden, der für den dann gewonnenen Standpunkt nicht gleichgültig ist: nicht „das Resultat [ist] das wirkliche Ganze, sondern es zusammen mit seinem Werden“ (PG 13).

Der Weg zum „absoluten Wissen“ ist dabei für Hegel das Begreifen des Absoluten selbst. Auch für das Absolute ist die Zugangsweise zu ihm nicht gleichgültig. Es umschließt auch den Prozess seiner Erkenntnis. Der Zugang zum Absoluten ist zugleich dessen Selbstäußerung. Wahre Wissenschaft ist letztlich nur in dieser Perspektive des Absoluten möglich.

Der Weg zum wissenschaftlichen Standpunkt


Stufen des Wissens

Sinnliche Gewissheit →
Wahrnehmung →
Selbstbewusstsein →
Vernunft →
Geist →
absolutes Wissen

Hegel beginnt mit einer Analyse des „natürlichen Bewusstseins“. Die eigentliche Wirklichkeit (die „Substanz“) ist für das natürliche Bewusstsein in seiner elementarsten Stufe das, was es unmittelbar vorfindet: die „sinnliche Gewissheit“. Dies entspricht philosophisch der Position des Empirismus. Hegel zeigt auf, dass der empirische Wirklichkeitsbegriff notwendig ein Selbstbewusstsein voraussetzt, das das sinnlich Wahrgenommene als solches interpretiert.

Aber auch das Selbstbewusstsein ist nicht das eigentlich Wirkliche. Es kann sein eigenes Bei-sich-sein nur im Unterschied zu einer natürlichen Wirklichkeit bestimmen; seine Substantialität ist daher notwendig von dieser natürlichen Wirklichkeit abhängig.

In der dritten Form des natürlichen Bewusstseins, der Vernunft, kommt die Bestimmung der Substanz des Bewusstseins und des Selbstbewusstseins zu einer Synthese. Das zur Vernunft entwickelte Selbstbewusstsein beharrt auf seiner eigenen Substantialität, erkennt aber zugleich, dass es sich zu einer natürlichen Wirklichkeit verhält, die ebenfalls substantiell ist. Dies lässt sich nur miteinander versöhnen, wenn das Selbstbewusstsein seine Substantialität in der Substantialität der natürlichen Wirklichkeit wiedererkennt. Nur dann lässt sich der Widerspruch, den zwei Substanzen mit sich bringen, vermeiden.

Hegel bestimmt im weiteren Verlauf der Phänomenologie die Vernunft als „sittliche Vernunft“. Als solche ist sie nicht nur Produkt des Selbstbewusstseins, sondern bezieht sich immer schon auf eine äußere Wirklichkeit, die ihr vorausgeht. Die Vernunft kann nur als die sittliche Substanz einer wirklichen Gesellschaft existieren; in dieser Form ist sie (objektiver) Geist.

Der Geist ist seinerseits wiederum vom Selbstbewusstsein abhängig. Dieses hat die Freiheit, sich dem herrschenden Gesetz nicht zu fügen, was sich historisch z. B. in der Französischen Revolution zeigt. Seine Freiheit gründet letztlich auf dem absoluten Geist.

Der absolute Geist zeigt sich zunächst in der Religion. In der „Naturreligion“ deutet das Selbstbewusstsein noch die natürliche Wirklichkeit als Selbstausdruck eines absoluten Wesens, während in der „offenbaren Religion“ die menschliche Freiheit die zentrale Rolle spielt. Der Begriff des absoluten Geistes lässt sich als der Begriff der Wirklichkeit selbst verstehen, sodass die Religion in das absolute Wissen übergeht. Damit ist der Standpunkt gewonnen, von dem aus erst Wissenschaft im eigentlichen Sinn betrieben werden kann. Der ganze Inhalt der Erfahrung des Bewusstseins ist neu zu entfalten, aber nicht mehr aus der Perspektive des sich zu sich selbst und seinem Gegenstand erst durchringenden Bewusstseins, sondern systematisch, d. h. aus der Perspektive des „Begriffs“.

Weblink:

https://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/508170#Das_hegelsche_System