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Samstag, 21. Mai 2022

Hegels Dialektik

Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Hegels Geist strebt nach Freiheit und Selbsterkenntnis. Um dieses Ziel zu erreichen, muss er sich notwendiger weise verkörpern. Der Geist braucht die Welt genauso, wie wir als denkende Wesen auf einen Körper angewiesen sind – wir schweben ja auch nicht einfach als Geister durch die Luft.

Das klingt zunächst, als sei der Geist nichts anderes als ein Schöpfergott. Aber Hegels Geist entwirft die Welt nicht einfach von außen, vielmehr schafft er die Bedingungen seiner eigenen
Existenz: Der Geist setzt sich selbst. Aber indem er sich in der Welt verkörpert, setzt er sich auch selbst in einen Widerspruch. Existieren kann er nur, wenn er diesen Widerspruch über windet.
Das ist die Kernidee von Hegels berühmter »Dialektik«.

Als Gott einst aus sich selbst heraus die Natur hervorbrachte, da hat er zugleich, indem er sie gestaltet und seither sie schöpferische durchwaltet, sich seiner selbst in die Materie hinein entäußert. Für Hegel ist die Idee göttlichen Ursprungs. Anstatt "Gott" sagt Hegel ja oft auch "die Idee".

Folglich faßt er die physikalische Natur aus als "die Idee in der Form des Andersseins". Vorher war die Gott-Idee bei sich selbst; numher befindet sie sich im Zustand äußerster Selbstentfremdung: als Formkraft innerhalb der Natur ist sie sich selbst fremd geworden.

Darin liegt für Hegel der Ansatz seines Philosophierens. Denn nunmehr lautet das Hauptproblem. Wie kommt Gott aus dieser Selbstentfremdung zu sich selbst und somit zum Selbstbewußtsein, wie kommt er aus dieser freiwilligen Gefangenschaft im Weltstoff zurück zur Freiheit? - Rein logisch gibt Hegel zunächst die Antwort mittels spezifischer Dialektitk. Am Anfang steht Gott als These in seinem "Ansichsein", danach setzte er sich selbst als Antithese zu seinem Gegenstand, schließlich wird der aufgehoben als Synthese zu seinem Geist. Dieser Gottgeist ist es nun, dessen Schicksalsweg sich Hegel zum Hauptthema seines Welterklärungssystems erkor.

In der hegelschen Philosophie ist die Dialektik nicht nur die Art, wie sich unser Denken vollzieht, sondern die Dialektik ist die Form, in der das ganze Sein sich entwickelt. Und weiter: Die dialektische Selbstbewegung unseres Denkens und die dialektische Selbstbewegung der Wirklichkeit seien im Grunde ein und derselbe Vorgang.

Hegel ahnte damals schon, was imperiale Überdehnung bedeutete, er analysierte den Zeitgeist, entdeckte, dass Zeit ein Prozess ist, bewegt durch Thesen und Gegenthesen von Menschen, die zu neuen Synthesen führen, die neue Anti-Synthesen provozieren und somit in einer unverwechselbaren Zeitgestalt fortlaufender Prozesse münden. Seine geniale Dialektik ist immer noch unerreicht und wird von den meisten nicht verstanden, auch von heutigen Politikern nicht, die glauben, das Ende der Geschichte erreichen zu können, indem sie ihre Anti-These militärisch oder ökonomisch plattmachen.

Für Hegel ist bereits der antike Philosoph Heraklit ein früher Dialektiker. Der Logos als das Prinzip der Welt besteht für Heraklit im Streit (polemos) als „Vater aller Dinge“. Die sich ständig wandelnde Welt ist geprägt von einem Kampf der Gegensätze, vom ewigen Widerspruch der Polaritäten. Im Gegensatz zeigt sich eine „tieferliegende, verborgene Einheit, ein Zusammengehören des Verschiedenen“. Hegel verbindet seine Methode mit dem Begriff der Dialektik.


Seit der »Phänomenologie des Geistes« gilt ihm die dialektische Bewegung als das eigentlich Spekulative, „den Gang des Geistes in seiner Selbsterfassung.“ Darin ist die Dialektik „das treibende Moment des Vernünftigen innerhalb des Verstandesdenkens, durch das sich der Verstand schließlich selbst aufhebt.“ Was oft Hegels Dialektik genannt wird, ist für ihn Logik. Das Wahre oder der Begriff, er sagt auch das Logisch-Reelle, besteht dabei wesentlich aus drei Momenten. Diese können nicht voneinander abgesondert betrachtet werden.

Was bereits Heine dem grauen Spinnweb der Hegelschen Dialektik vorwarf, war ihre Lebensferne - die Entfremdung der Theorie. Dahinter verbirgt sich das Problem der Theorievermittlung an das Volk, das Problem der Popularisierung.

„Das Logische hat der Form nach drei Seiten: α) die abstrakte oder verständige, β) die dialektische oder negativ-vernünftige, γ) die spekulative oder positiv-vernünftige.“ G. W. F. Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse

Hegel versöhnt Sinnlichkeit und Geist im dialektischen Tanz des absoluten Geistes.


Weblinks:

Philosophie Hegels - Philolex - www.philolex.de

Georg Wilhelm Friedrich Hegel - Die Welt ist Geist - Youtube - www.youtube.com

Phänomenologie des Geistes
Phänomenologie des Geistes
von Georg Friedrich Wilhelm Hegel

Hegel-Kritik - Das Konzept der Dialektik (A)

Hegels Geist strebt nach Freiheit und Selbsterkenntnis. Um dieses Ziel zu erreichen, muss er sich notwendiger weise verkörpern. Der Geist braucht die Welt genauso, wie wir als denkende Wesen auf einen Körper angewiesen sind – wir schweben ja auch nicht einfach als Geister durch die Luft.

Das klingt zunächst, als sei der Geist nichts anderes als ein Schöpfergott. Aber Hegels Geist entwirft die Welt nicht einfach von außen, vielmehr schafft er die Bedingungen seiner eigenen
Existenz: Der Geist setzt sich selbst. Aber indem er sich in der Welt verkörpert, setzt er sich auch selbst in einen Widerspruch. Existieren kann er nur, wenn er diesen Widerspruch über windet.
Das ist die Kernidee von Hegels berühmter »Dialektik«.


Die Angriffe der Hegel-Kritiker haben natürlich vor allem das Konzept der Dialektik im Auge. Das ist bei Popper evident, der die Dialektik als logischen Unsinn ansieht und für Beliebigkeit und Willkür im Denken verantwortlich macht. Bei Adorno liegt der Fall anders, denn er will ja die Dialektik nicht verleugnen, sondern ihren negativ-kritischen Charakter hervorheben, weil er der affirmativen Seite des Hegelschen Denkens nicht folgen kann.

Tatsächlich beharrt Hegel ja auch immer wieder darauf, daß die Dialektik nicht nur ein negatives Resultat, eine negative Seite habe. Dies sei eine falsche Ansicht, die von der Antike (auch Platon wird hierfür von Hegel kritisiert) bis hin zu Kant reiche, dessen transzendentale Dialektik in der Kritik der reinen Vernunft ja zum Resultat habe, dass man das Absolute nicht erkennen könne, sondern die Vernunft wiederum auf die Mittel des Verstandes zurückgeworfen werde. Dies ist für Kant deshalb der Fall, weil die Vernunft, die das Unbedingte oder Absolute zu denken versucht, sich unvermeidlich in dialektische Oppositionen, wie Kant sie nennt – Hegel spricht abkürzend meistens von Antinomien –, verwickelt.

Das Unbedingte – das ist für Kant die Totalität der Bedingungen oder des Bedingten; auch für ihn ist die Dialektik ein totalisierendes Verfahren, das notwendig und unvermeidlich ist, um das Bedingende des Verstandes zu erfassen und ihn dadurch zu begründen und mit sich in Übereinstimmung zu bringen. Hegel übernimmt das von Kant und ebenso die Auffassung, daß die Vernunft sich notwendig in Widersprüche verwickle. Dies gilt für Hegel freilich für alle „Dinge“ und nicht nur in Ansehung der Vernunftgegenstände (Gott, Welt, Seele), wie bei Kant.

Man kann das, was Dialektik im Hegelschen Sinn ist, vielleicht in folgenden Punkten zusammenfassen: (1) Hegels Konzeption verknüpft Totalitäts- und Widerspruchsdenken, indem er – mit Spinoza, genauer: mit Jacobis Spinoza-Deutung – Bestimmtheit als Negation, und zwar als Negation alles Anderen zu dieser Bestimmtheit denkt, das durch eben diese Bestimmtheit ausgeschlossen wird. Um etwas in seiner Bestimmtheit zu denken, muß ich es in seiner negativen Beziehung auf Anderes denken – ein Anderes, das seinerseits die Bestimmtheit negiert, und diese Beziehung und damnit die Negation nicht nur des Anderen sondern auch ihrer selbst durch das Andere ist wesentlicher Bestandteil der Bestimmtheit selbst. Dieses Konzept zwingt dazu, jede vermeintlich mit sich selbst identische Bestimmtheit als daseienden Widerspruch zu deuten und erzwingt zugleich den Übergang zur Totalität der Bestimmtheiten. (2) Indem nicht die Identität, sondern der Widerspruch das Fundament aller Bestimmtheit bildet, ist zugleich der Vorstellung einer mit sich identischen Entität, eines Subjekts als Träger von Bestimmungen, der Boden entzogen. Das, was in Wahrheit ist, sind nicht Dinge, sondern Verhältnisse, Totalität als ein Netz von Relationen. (3) Dieses Netz ist für Hegel begrifflicher Natur, d.h. es geht aus einer Dialektik als Selbstvermittlung der Denkbestimmungen zur Totalität hervor, die zugleich Selbsterfassung des Begriffs ist. Diese kulminiert in dem Selbstbewußtsein des vollendeten Begriffs, der sich schließlich als dialektische Methode bestimmt. (4) Die dialektische Methode vermittelt Voraussetzungen, Momente und Resultate des Werdens zur Totalität. Sie ist daher Logik des Werdens dieser Totalität sowohl im Sinne der (historischen) Genesis als auch ihrer internen Reproduktion.

Damit ist aber die dialektische Methode jedoch noch nicht zureichend bestimmt. Was Hegel unter Methode versteht, ergibt sich aus seinem Systembegriff, der sich wiederum kritisch an Kant orientiert. Kant hatte Systematizität als Leistung der Methode verstanden und zugleich die Auffassung vertreten, daß die Vernunft selbst systematisch sei. Hegel kritisiert, daß Kant gleichwohl die Methode als ein (äußerliches) Instrument des Erkennens verstehe. Ihm zufolge müssen Methode und Inhalt identisch sein, weil die Struktur der Vernunft – letztlich der Begriff – zugleich die Struktur der Realität sei. Die Wissenschaft der Logik ist die Selbstentfaltung der inneren Systematik der Vernunft; sie kulminiert in der absoluten Idee als absolute Methode, wobei unter Methode „das Bewußtsein über die Form der inneren Selbstbewegung ihres Inhalts“ verstanden wird. Die Methode ist, Hegel zufolge, nichts anderes als die Sache selbst, um die es zu tun ist, und nicht ein Instrument, um die Sache überhaupt erst erfassen zu können. In den Ausführungen zur absoluten Idee als absoluter Methode möchte er zeigen, dass und wie „der Inhalt des Erkennens als solcher“ in die methodische Betrachtung eintritt, wodurch sich die Methode zum System erweitert.

Die dialektische Methode ist für Hegel zwar auch ein Instrument des Erkennens: die Wissenschaft der Logik insgesamt muss sich in den Realwissenschaften – der Natur- und Geistesphilosophie – „bewähren“, aber die dialektische Methode ist kein ihrem Gegenstand äußerlich bleibendes Instrument. Hegel unterscheidet sie dadurch vom instrumentellen oder, wie er auch sagt, „suchenden Erkennen“. Hier liegt, so meine ich, die eigentliche Schwierigkeit. Was heißt es, daß die Methode sich „bewährt“? Bleiben damit die Bestimmungen der Methode (und letztlich der Wissenschaft der Logik insgesamt) unverändert? Oder ist die „Bewährung“ der Methode in den Realwissenschaften doch die Beziehung auf ein zunächst äußerliches Material? Wir wissen, wie problematisch das Verhältnis von Logik und Realphilosophie bei Hegel ist. Dies betrifft nicht nur den Schluß der Logik, wo sich die Idee „entschließt“, sich in die Äußerlichkeit der Natur zu entlassen. Es betrifft auch die Realphilosophie selbst, wie Hegels ständige Umarbeitungen in seinen Vorlesungen zeigen. Anders gesagt: das vollständig durchgeführte Hegelsche System, das überhaupt erst die Einheit von Methode und Inhalt rechtfertigen könnte, die Hegels Kritik des „suchendenb Erkennens“ zugrundeliegt, gibt es bei Hegel gar nicht. Und darum bleibt Hegels Methodenverständnis problematisch. Ganz abgesehen davon, ob Hegels Darlegungen zur Methode überhaupt auch nur die Komplexität der Wissenschaft der Logik selbst einholen können; ich denke vielmehr, die ausdrückliche Reflexion der Methode im Schlussteil der Logik bleibt gegenüber dem Gang der Logik selbst unterbestimmt.

Friedrich Engels hat, anderen geläufigen Hegel-Kritiken seiner Zeit folgend, zwischen Methode und System bei Hegel unterschieden und die dialektische Methode dem angeblich starren System entgegengesetzt. Ich glaube, daß dies zu weit geht. Marx etwa hat ja durchaus an dem Systemgedanken festgehalten und die kapitalistische Produktionsweise als System rekonstruiert. Er hat dabei allerdings ein anderes Verständnis von System zugrundegelegt, indem er (was Engels übrigens anders sieht) Logisches und Historisches nicht identifiziert. Das System beruht immer auf äußerlichen Voraussetzungen, die es vorfindet und mit sich fortschleppt; es behält somit eine konstitutive Äußerlichkeit. Damit ändert sich auch der Begriff der Totalität: Totalität ist dann immer historisch bestimmt und endlich.

Und hiervon bleibt selbstverständlich das Methodenverständnis nicht unberührt: die Methode hat dann einen Inhalt, für den die Äußerlichkeit konstitutiv ist, sie muß also diese Äußerlichkeit in ihren eigenen Begriff aufnehmen, d. h.: sich als „suchendes Erkennen“ neu bestimmen, ohne sich nur äußerlich zu ihrem Inhalt zu verhalten, denn diese Äußerlichkeit ist ja zugleich Form ihres Inhalts. Die Methode wird darin zu einem Mittel, welches das Allgemeine unserer Erkenntnisarbeit repräsentiert, nämlich das kategoriale Netz, in dem die „Welt“ unserem Begreifen zugänglich wird. Der Begriff des Systems selbst wäre dabei Moment eines suchenden Erkennens, das in theoretischer und praktischer Hinsicht nach seinem Realitätsgehalt fragt.

Was bereits Heine dem grauen Spinnweb der Hegelschen Dialektik vorwarf, war ihre Lebensferne - die Entfremdung der Theorie. Dahinter verbirrgt sich das Problem der Theorievermittlung an das Volk, das Problem der Popularisierung.

Weblink:

Warum heute noch Hegel-Blog - http://warumheutenochhegel.blogspot.de

Dialektik-Konzepte Teil 1 (Hegel - Marx) - philosophenstuebchen.wordpress.com

Samstag, 14. Mai 2022

Hegel und Marx (II)


Hegels Lehre hatte grossen Einfluss auf die Philosophie und Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts, insbes. auf Karl Marx.

Er stellte die idealistische - im Sinne von Platon - Philosophie Hegles vom Kopf "auf die Füße". Er übernahm Hegels Erkenntnismethode und die Ansicht, daß die Geschichte mit ihrem Elend einem dynamischemn Prinzip gehorche, sich nach dem Gesetz des Widerspruches entwickle, sich also dialektisch auf ein bestimmtes Ziel zubewege, doch deutete er die Menschheitsgeschichte radikal anders - ohne Gott, ohne Weltgeist, ganz vom Menschen und vom materiellen Dasein her.

Marx folgte auf Hegel

Kant hatte es vorgemacht, und so war eine der wichtigen unter den eminenten Erkenntnissen Hegels die, dass er das Subjekt in die Verantwortung nahm. Der auf Hegel folgende Marx machte die materiellen Verhältnisse verantwortlich für die Umstände, unter denen sich die Menschen an der Natur und den gesellschaftlichen Verhältnissen abarbeiten. Das Sein, so offenbarte sich ein versimpelter Marxismus immer wieder dogmatisch, bestimme das Bewusstsein.

Schon Hegel durchdachte die Frage, inwieweit die von Menschenhand geschaffenen Verhältnisse für das Schicksal des Menschen verantwortlich sind. Doch undenkbar dieser Gedanke ohne den Gedanken Hegels, wonach das Wissen von der Welt nicht von den Objekte ausgehe, sondern auf der Seite des Subjekts liege, seines Bewusstseins – mit allen Folgen für den menschlichen Verstand, seine Vernunft.

»Phänomenologie des Geistes« von Georg Wilhelm Friedrich Hegel


Die kühnsten Denkgebäude der Philosophiegeschichte entstanden im Deutschen Idealismus. Der Leitgedanke dabei war, dass der Geist die Welt nicht nur erkennt, sondern in gewisser Weise auch selbst hervorbringt. Bei Kant und Fichte tut dies der Geist des Menschen; bei Georg Wilhelm Friedrich Hegel ist es der absolute Geist, der die Welt, wie wir sie kennen, erschafft.

Hegels »Phänomenologie des Geistes« ist nicht nur kompliziert, es ist vielleicht sogar das komplizierteste, unverständlichste Buch der ganzen Philosophiegeschichte. Es betrachtet die Gesellschaft aus dem Blickwinkel der Totalität.

Hegel unternahm auf etwa 600 Seiten den Versuch, die Erscheinungsweisen des menschlichen Geistes zu untersuchen: von Wahrnehmung über Verstand, Bewusstsein, Selbstbewusstsein, Vernunft, Geist und Religion bis zum "absoluten Wissen", der Philosophie.

Die »Phänomenologie des Geistes« beschreibt nichts weniger als den Aufstieg des Geistes zu immer höheren Entwicklungsstufen, von der Sinneswahrnehmung über die Vernunft bis zum »absoluten Wissen«. Der Geist ist also nicht einfach da. Er manifestiert sich vielmehr in einem dynamischen, geschichtlichen Prozess, er kommt erst zu sich selbst. Das »Absolute« ist das große Ganze – die Welt, wie sie wirklich ist. Doch die wahre Realität, das ist für Hegel nicht die Materie, sondern der Geist selbst. Das führt zur atemberaubendsten Kreisbewegung der Philosophiegeschichte: »Absolutes Wissen« ist dann erreicht, wenn der Geist erkennt, dass das Ziel seiner Suche nichts anderes ist als er selbst.

"Das Absolute soll nicht begriffen, sondern gefühlt und angeschaut [werden], nicht sein Begriff, sondern sein Gefühl und Anschauung sollen das Wort führen und ausgesprochen werden."

"Es ist daher das Verkennen der Vernunft, wenn die Reflexion aus dem Wahren ausgeschlossen und nicht als positives Moment des Absoluten erfaßt wird."

"An diesem, woran dem Geiste genügt, ist die Größe seines Verlustes zu ermessen."

Hegel geht die Sache recht forsch an. Gemeinhin hielten Philosophen das Erkennen für eine Art Instrument, mit dem wir die Wirklichkeit erfassen, sagt Hegel in der Einleitung der »Phänomenologie«. Damit unterscheiden sie aber schon zwischen dem erkennenden Subjekt und der Wirklichkeit. Das Problem ist natürlich, dass jedes Instrument die Realität verzerren kann. Das führt zwangsläufig zur skeptischen Frage, woher wir dann wissen, dass unsere Überzeugungen überhaupt wahr sind. Aber wenn wir immer nur fürchten, Fehler zu machen, kommen wir in der Erkenntnis der Wirklichkeit nicht weiter. Hegels radikale Schlussfolgerung lautet, die skeptische Frage überhaupt zu verwerfen. Schwimmen lernen wir schließlich auch nicht, wenn wir nie ins Wasser gehen.

Hegel vollendete die Schrift in Jena gerade zu jener Zeit, als Napoleon sich anschickte, den Preußen in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt eine vernichtende Niederlage beizubringen. Kein Wunder, dass Hegel in Napoleon den "Weltgeist zu Pferde" vorbeireiten zu sehen meinte.

Hegels Werk ist nicht nur - neben Fichtes und Schellings - eine weitere Ausformung des deutschen Idealismus, sondern außerdem eines der bekanntesten und meistkommentierten Werke der Philosophie überhaupt. Vor allem dank des Prinzips der Dialektik:

Aus einer Folge von Negationen entwickelt sich der Geist, aber auch die Wirklichkeit zu immer höheren Formen. Dies lässt sich in den kleinsten Erscheinungen der Natur ebenso beobachten wie in der Geschichte der Menschheit. Hegels Ruhm mehrte sich mit seinen Kritikern und Interpreten. Zu den bekanntesten gehört Karl Marx, der einige Elemente von Hegels Systems "vom Kopf auf die Füße" stellen wollte.


Weblinks:

Philosophie Hegels - Philolex - www.philolex.de

Georg Wilhelm Friedrich Hegel - Die Welt ist Geist - Youtube - www.youtube.com


Literatur:

Phänomenologie des Geistes
Phänomenologie des Geistes
von Georg Friedrich Wilhelm Hegel