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Samstag, 25. April 2020

Hegel im Tübinger Stift

Hegel im Tübinger Stift



Das Tübinger Stift, 1536 als "feste Burg des Protestantismus" gegründet, ist weithin berühmt. Man nennt es den "Pflanzgarten Gottes", und darin wuchsen große Männer heran, zum Beispiel Johannes Kepler.

Das evanglische Tübinger Stift ist die höchste Schule, welche das Land Württemberg seinen Landeskindern angedeihen lassen kann. Hier studierrte in früheren Zeiten die zukünftige Elite des Landes. Um das Jahr 1788 trafen im Tübinger Stift angehende Geistesgößen aufeinander, als zu Hölderlin und Hegel der erst 15-jährige Schelling stieß.

Schelling kannte Hölderlin schon von der Lateinschule. Die Freunde versuchten, dem Abgschlossensein wenigstens geistig zu entfliehen. Hegel zeigte sich von Rousseaus »Contrat social« beeindruckt, Schelling beschäfigte sich eingehend mit Kant und Hölderlin entdeckte Leibniz.

Eigentlich bestimmt zu einer theologischen Laufbahn, kämpfte er verzweifelt dagegen an und versuchte sich als Schriftsteller und in verschiedenen Anstellungen als Hauslehrer eine unabhängige berufliche Existenz zu schaffen. Der elf Jahre ältere Schiller hat Hölderlin gefördert.



Die Jahre der eigentlichen, engen Gemeinsamkeit zwischen Hölderlin, Hegel und Schelling begannen im Herbst 1790 und endeten im Herbst 1793. Die Freundschaft zwischen Hölderlin und Hegel wurde bis um die Jahr-hundertwende weitergeführt, die Freundschaft zwischen Hölderlin und Schelling wich wohl bald einer distanzierten, sehr seriösen gegenseitigen Hochachtung.

Der junge Hegel profitierte viel von dem intellektuellen Austausch mit seinen später ebenfalls berühmt gewordenen Zimmergenossen Hölderlin und Schelling. Sie hegten große Sympathie für die revolutionären politischen Ereignisse in Frankreich. Jedoch fand später durch das Scheitern Napoleons eine politische Umorientierung bei Hegel statt. Er wurde ein Anhänger der konstitutionellen Monarchie Preußens und söhnte sich mit den politischen Gegebenheiten aus.

In Tübingen kämpften Hegel, Schelling und Hölderlin gegen die Orthodoxie und erneuerten das Weltbild.


Weblink:

Die Gefährten - ZEIT-Artikel



Samstag, 4. April 2020

»Hegel: Der Weltphilosoph« von Sebastian Ostritsch


Hegel: Der Weltphilosoph

Hegel: Der Weltphilosoph

Pünktlich zu Hegels 250.Geburtstag im August ist die Hegel-Biografie von Sebastian Ostritsch erschienen. Ostrich stilisiert Hegel in seiner Monographie zu einem Weltphilososphen.

In Zeiten, in denen sich die gesellschaftlichen Gräben weiter vertiefen und ein striktes Entweder-oder das Denken beherrscht, ist Hegels Philosophie des Sowohl-als-auch so aktuell wie nie zuvor. Leichtfüßig und souverän bringt uns Sebastian Ostritsch das Leben und die Ideen des letzten großen Systemdenkers der Philosophiegeschichte nahe.

„Alle Dinge“, schreibt Georg Wilhelm Friedrich Hegel, „sind an sich selbst widersprechend.“ Bis heute gilt dieser Satz unter Philosophen als Zumutung, wenn nicht als Skandal. Doch nicht die Verherrlichung des logischen Widerspruchs ist Hegels Ziel, sondern vielmehr dessen Überwindung in einem dynamischen Prozess.

Wer sich mit Hegel auf ein solches Denken einlässt, gerät in einen Rausch, den Sog der Vernunft, auch Dialektik genannt. Dialektik ist für Hegel ein Instrument der Gewinnung von Erkenntnissen. Die Wahrheit einer Sache zeigt sich erst im Zusammenhang mit ihrem Gegenteil. Oder wie der Schwabe Hegel sagen würde: „So isch no au wieder.“ („So ist es nun auch wieder.“)

Abseits ausgetretener, bloß biographischer Pfade und mit angenehmer philosophischer, hier eher untechnisch gemeinter Subsumtionstechnik macht uns Ostrisch "seinen" Hegel im wahrsten Sinne des Wortes lebendig. Und, dies ist das große Plus der Monographie, ohne dabei eine Einordnung in den Kanon der übrigen Zeitgenossen - wie auch der neueren Interpreten zu vergessen. Erfrischend ist auch der unprätentiöse "Sound" von Ostritsch; frei von den vielen Egoismen und Eitelkeiten anderer Autoren.

Literatur:


»Hegel: Der Weltphilosoph« von Sebastian Ostritsch